Im Jahr 2023 hat sich unsere Kanzlei gleich mehrfach mit dem so wichtigen Thema „Preisanpassung“ beschäftigt. Der Grund dafür war und ist, dass über 80 Prozent (!) der unserer Kanzlei in den letzten Jahren zur Prüfung auf Rechtmäßigkeit vorgelegten Preisanpassungsschreiben (PAS) nicht (!) den so zahlreichen formalen Anforderungen entsprochen haben, die vom Gesetzgeber und den Gerichten für ein rechtswirksames PAS gefordert werden und die sich laufend erweitern.
Schon ein einziger formaler Fehler bei einer Preisanpassung kann zur Folge haben, dass allein deswegen eine Preisanpassung unwirksam ist!
Welcher „Supergau“ zudem eintreten kann, wenn sich z. B. ein Verbraucherschutzverband dazu entscheidet, vor Gericht gegen eine unwirksame Preisanpassung vorzugehen, was immer häufiger vorkommt, zeigt ein aktuelles Urteil des OLG Düsseldorf vom 21.09.2023, Az.: VI-5 U 4/22 (Kart):
- Über was wurde gestritten?
In einem PAS kündigte das verklagte EVU eine Preiserhöhung an mit der Begründung:
„…außergewöhnlich stark angestiegene Großhandelspreise an den Energiemärkten.“
Daraufhin verklagte ein Verbraucherschutzverband das betreffende EVU, forderte hinsichtlich der Preiserhöhung wegen formaler Fehler deren Unterlassung und stellte den zusätzlichen Klageantrag, das betreffende EVU zu verurteilen, all diejenigen Kunden des EVU, die ein unwirksames PAS vom verklagten EVU erhalten haben, im Rahmen eines persönlichen „Berichtigungsschreibens“ über die Unwirksamkeit der angekündigten Energiepreiserhöhung zu informieren sowie darüber, dass die bisherigen Preise bis auf Weiteres Geltung haben.
- Was hat das OLG Düsseldorf entschieden?
- Unrechtmäßige Preiserhöhung wegen fehlender Transparenz
Zunächst einmal entschied das OLG Düsseldorf, dass das gegenständliche PAS unwirksam ist, da es gegen das Transparenzgebot von § 41 Abs. 5 Satz 1 EnWG verstoßen hätte.
Dieses in § 41 Abs. 5 Satz 3 EnWG enthaltene Transparenzgebot verpflichtet, so das OLG Düsseldorf, das EVU dazu, gerade bei Preiserhöhungen den Anlass (!), also den Grund bzw. die Gründe für die Erhöhung der Preise, so vollständig, klar und in einfacher Sprache im PAS mitzuteilen, dass dieser Anlass von jedem angeschriebenen Kunden auf Richtigkeit überprüft werden kann, um daraufhin dann auch eine Entscheidung darüber treffen zu können, ob er wegen der Preiserhöhung von seinem damit verbundenen Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht oder nicht.
„Außergewöhnlich stark gestiegene Großhandelspreise an den Energiemärkten“ oder ähnlich allgemein gehaltene Aussagen genügen also als Begründung für eine wirksame Preisanpassung nicht (!), da diese keine detaillierte Überprüfung seitens des Kunden ermöglichen, so das OLG Düsseldorf.
- Betroffene Kunden müssen vom EVU über die Unwirksamkeit einer Preisanpassung per Post informiert werden, wenn dies ein Verbraucherschutzverein fordert
Weiter verurteilte das OLG Düsseldorf das verklagte EVU dazu, an die betroffenen Kunden ein individualisiertes Berichtigungsschreiben mit der Erklärung zu übermitteln, dass die ursprünglich getroffene Preisvereinbarung nicht durch das Preiserhöhungsschreiben beeinträchtigt worden ist. Konkret ist in diesem Berichtigungsschreiben vom EVU somit in aller Deutlichkeit zu erklären, dass die von ihm „auf rechtswidrige Art und Weise vorgenommene Preiserhöhung keine Rechtswirksamkeit entfaltet“. Das OLG Düsseldorf verlangt also ausdrücklich, dass vom verklagten EVU in dem Berichtigungsschreiben in aller Klarheit an die Kunden mitgeteilt wird, dass das EVU im Rahmen des PAS rechtswidrig gehandelt hat! Damit scheidet es aus, für die Rücknahme einer rechtswidrigen Preisanpassung einen anderen Grund als deren Rechtswidrigkeit zu benennen, um nicht den eigenen Rechtsbruch selbst in aller Deutlichkeit offenzulegen.
III. Fazit
In einem PAS müssen insbesondere die für eine Preiserhöhung angegebenen Gründe, also deren Anlass, den sehr hohen Anforderungen an die Transparenz entsprechen. Das bedeutet, dass in dem PAS genau erklärt werden muss, wieso, also aus welchen Gründen, es zu einer Preisanpassung kommt. Wird dem im Einzelfall nicht entsprochen, so kann allein dies zur Folge haben, dass ein PAS unwirksam ist.
Ist ein PAS unwirksam, dann kann ein Verbraucherschutzverband gegen das betreffende EVU vor Gericht erfolgreich durchsetzen, dass dieses alle von dem unwirksamen PAS betroffenen Kunden in einem individuellen Berichtigungsschreiben aktiv! über die Rechtswidrigkeit der Preisanpassung informiert und darüber, dass es – bis auf Weiteres – bei dem bisherigen Preis bleibt.
Da derartige Urteile aufgrund Klagen von Verbraucherschutzverbänden mittlerweile häufiger ergangen sind, besteht umso mehr Veranlassung, bei zukünftigen PAS sehr sorgfältig darauf zu achten, dass diese allen insofern zu beachtenden Regelungen und Formalien entsprechen.
Aufgrund der so zahlreichen möglichen Fehler beim Verfassen eines PAS, sollte also vor dessen Versendung auf jeden Fall eine anwaltliche Überprüfung auf Wirksamkeit erfolgen.