Neue gesetzliche Bestätigungspflicht des bisherigen Lieferanten beim Lieferantenwechsel

Mit Inkrafttreten am 29.12.2023 wurde durch den Gesetzgeber § 41 EnWG (= Energielieferverträge mit Letztverbrauchern) um einen neuen Absatz 8 ergänzt, der für Strom- und Gaslieferanten von Letztverbrauchern eine neue Bestätigungspflicht gegenüber dem Kunden in Textform statuiert, wenn im Rahmen eines Lieferantenwechsels der laufende Vertrag vom Kunden selbst oder vom neuen Lieferanten in Vollmacht des Kunden gekündigt wird.

  1. Um was geht es?

Bei einem Lieferantenwechsel fand bisher allein zwischen dem bisherigen Lieferanten einerseits und dem neuen Lieferanten sowie dem Netzbetreiber andererseits ein diesbezüglicher Informationsaustausch statt (§ 14 Abs. 2 StromNZV sowie § 41 Abs. 2 GasNZV): Der bisherigen Lieferant muss dem Netzbetreiber die Abmeldung seines Kunden mitteilen und dem neuen Lieferanten in einem einheitlichen elektronischen Format eine Kündigungsbestätigung übersenden, soweit der neue Lieferant die Kündigung in Vertretung für den Kunden ausgesprochen hat.

Aus Gründen der Verbrauchertransparenz und des Verbraucherschutzes beim Lieferantenwechsel gilt nun seit dem 29.12.2023 folgender neuer, dem § 41 EnWG hinzugefügter Absatz 8, der insgesamt wie folgt lautet:

Im Falle eines Lieferantenwechsels ist der bisherige Lieferant verpflichtet, unverzüglich

 

  1. dem Betreiber des Energieversorgungsnetzes die Abmeldung seines Kunden mitzuteilen,

 

  1. dem Kunden in Textform den Zugang der Kündigung zu bestätigen und

 

  1. dem neuen Lieferanten in einem einheitlichen Format elektronisch eine Kündigungsbestätigung zu übersenden, wenn der neue Lieferant die Kündigung in Vertretung für den Kunden ausgesprochen hat.“

 

(Hervorhebung hinzugefügt)

Neu ist somit bei einem Lieferantenwechsel die Verpflichtung des bisherigen Lieferanten, dem betreffenden Kunden in Textform den Zugang der Kündigung beim bisherigen Lieferanten zu bestätigen.

Mit dieser neuen Verpflichtung will der Gesetzgeber nicht nur mehr Transparenz und Verbraucherschutz schaffen, sondern auch missbräuchlichem Verhalten des neuen Lieferanten oder einem Missverständnis zwischen den Vertragsparteien in Einzelfällen vorbeugen.

Von besonderer Bedeutung ist diese neue Bestätigungspflicht des bisherigen Lieferanten also vor allem in den Fällen, in denen die Kündigung des bisherigen Versorgungsvertrages nicht durch den Kunden selbst gegenüber dem bisherigen Lieferanten, sondern durch den neuen Lieferanten in Vertretung des Kunden ausgesprochen wird. Denn die Praxis hat in der Vergangenheit viele Fälle aufgezeigt, bei denen unseriöse Drittlieferanten Strom- und/oder Gaslieferverträge von Kunden bei deren bisherigen Lieferanten einfach gekündigt haben, ohne hierzu von dem jeweiligen Kunden überhaupt ermächtigt worden zu sein, so dass dann manch ein Kunde überrascht war, plötzlich von einem neuen Lieferanten beliefert zu werden.

Also hat der bisherige Lieferant seit dem 29.12.2023 bei einem Lieferantenwechsel dem Kunden in Textform den Zugang dessen Kündigung beim bisherigen Lieferanten zu bestätigen und zwar egal, ob der Kunde selbst die Kündigung gegenüber seinem bisherigen Lieferanten dorthin ausgesprochen hat oder die Kündigung vom neuen Lieferanten in Vertretung des Kunden gegenüber dem bisherigen Lieferanten ausgesprochen wurde.

In beiden Fällen erhält also der Kunde bei einem Lieferantenwechsel ab sofort von seinem bisherigen Lieferanten eine Bestätigung der Kündigung, wobei mindestens Textform eingehalten werden muss.

  1. Folgen eines Verstoßes gegen § 41 Abs. 8 EnWG

Verstößt der bisherige Lieferant gegen diese seit dem 29.12.2023 geltende Regelung von § 41 Abs. 8 EnWG, so hat dies nicht zur Folge, dass die Kündigung des Kunden bezüglich seines bisherigen Energieversorgungsvertrages keine Wirksamkeit hätte, denn dies richtet sich allein nach zivilrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Allerdings könnte ein Verstoß des bisherigen Lieferanten gegen § 41 Abs. 8 EnWG dazu führen, dass die Bundesnetzagentur deswegen gegen den bisherigen Lieferanten ein Missbrauchsverfahren nach § 65 EnWG einleitet.

Denkbar sind auch Schadensersatzansprüche eines Kunden mit der Begründung, dass ihm durch die unterlassende Kündigungsbestätigung durch den bisherigen Lieferanten ein Schaden entstanden ist, etwa dergestalt, dass der Kunde bei einer erfolgten Kündigungsbestätigung noch etwas hätte unternehmen können gegen einen Lieferantenwechsel, der für den Kunden zu höheren Kosten führt, so dass dann diese höheren Kosten den Schaden des Kunden darstellen würden.

  1. Neue Pflichten bieten aber auch Chancen

 

Nachdem der Gesetzgeber dem bisherigen Lieferanten die Verpflichtung aufgegeben hat, dem Kunden in Textform den Zugang der Kündigung beim bisherigen Lieferanten zu bestätigen, auch wenn die Kündigung in Vertretung des Kunden vom neuen Lieferanten ausgesprochen wird, so spricht nichts dagegen, in diesem Bestätigungsschreiben den Versuch zu unternehmen, den betreffenden Kunden wieder zurückzugewinnen. So ist es grundsätzlich zulässig, den betreffenden Kunden z. B. auf günstigere Alternativangebote des bisherigen Lieferanten hinzuweisen, ebenso auf das Bestehen des Widerspruchsrechts für Verbraucher sowie die entsprechende Widerspruchsfrist, die sich bis auf über ein Jahr verlängern kann, wenn der neue Lieferant den Kunden nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt.

Allerdings ist darauf zu achten, dass dann, wenn in diesem Bestätigungsschreiben dem Kunden vom bisherigen Lieferanten ein konkretes günstigeres Angebot unterbreitet wird, bei Strom die Stromkennzeichnung nach § 42 Abs. 1 EnWG erfolgen muss. Denn dann ist dieser Hinweis auf ein günstigeres Produkt im Bestätigungsschreiben als Werbung anzusehen, die direkt an den Letztverbraucher gerichtet ist.

Muster für solche Kündigungsbestätigungsschreiben mit einer rechtskonformen Nachakquise wurden von unserer Kanzlei erarbeitet und können über diese erworben werden.

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